Dienstag, 28. August 2018


"Die Stadt der Blinden" von José Saramago



"Ich sehe alles weiß, und ein trauriges Lächeln 
trat auf sein Gesicht."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Erzählt wird die Geschichte einer rasenden Epidemie und ihrer Folgen. Nach und nach erblinden in einer fiktiven Stadt alle Menschen. Zunächst sind es nur wenige und sie werden in einer verlassenen Irrenanstalt untergebracht. Doch immer mehr Blinde stoßen dazu und die Überbelegung führt zu katastrophalen Zuständen. Die Hygiene kippt, die Nahrungsmittel reichen nicht aus und einige Blinde verschaffen sich Vorteile und verteidigen ihre Vormachtstellung mit großer Grausamkeit. Nach einem Mord und einem Brand flüchten die Blinden zurück in die Freiheit. Niemand hält sie dabei auf, denn inzwischen sind alle Menschen in der Stadt Opfer der Epidemie geworden. Draußen wütet die gleiche Grausamkeit wie in der Anstalt. Jeder möchte irgendwie überleben und macht für den eigenen Vorteil vor nichts Halt.
José Saramago möchte genau das zum Ausdruck bringen: der Mensch fällt in die Unmenschlichkeit, sobald es um das eigene nackte Überleben geht. 
Die Blindheit dient José Saramago hier als eine Metapher für die Unfähigkeit des Menschen, Gut und Böse zu unterscheiden.

... ein Zitat

"Jetzt müssen wir nur noch entscheiden, wohin wir sie schicken, Herr Minister, sagte der Präsident der Kommission für Logistik und Sicherheit, die schnell zu diesem Zweck gebildet worden war und sich um den Transport kümmern wollte, um die Isolierung und Versorgung der Infizierten. Welche unmittelbaren Möglichkeiten haben wir denn, wollte der Minister wissen, wir haben eine leerstehende Irrenanstalt ..."

... was mich bewegt hat

Die mutige und tatkräftige Frau des Arztes könnte bewegen. Aber auch sie wirkt, als würde sie nur eine Rolle in einem Theaterstück spielen. 
José Saramago lässt seine Figuren alle namenlos, was mich als Leserin etwas auf Abstand gehalten hat.

... die Sprache

Sprachlich sehr ungewöhnlich, da die direkte Rede einfach mit in den Text gesetzt und nicht durch Anführungszeichen gekennzeichnet ist. Die meisten Sätze sind sehr lang gehalten. Sprachlich also eher sperrig, aber man gewöhnt sich tatsächlich recht schnell an den Stil.

... ein Fazit

José Saramago schont den Leser nicht. Die unmenschlichen Zustände, die geschildert werden, sind fast nicht zu ertragen. Der Autor möchte das schlimmstmögliche Szenario entwerfen, um massive Ängste und den herrschenden Egoismus unter Menschen herauszustellen. Mich hat das Buch zu sehr erschüttert. Ich weiß, dass der Autor mit seiner Geschichte große existentielle Fragen aufwerfen möchte, aber mir persönlich ist es zu krass.
Dieses Buch gilt als das bedeutendste Werk des Autoren und die schwedische Akademie verlieh ihm drei Jahre später (1998) den Literaturnobelpreis. Unter dem Aspekt kann man es lesen, man muss es aber nicht.


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