"Das Haus der zwanzigtausend Bücher" von Sasha Abramsky
"Die Sammlung war schlicht und einfach ein wunderbares intellektuelles Unterfangen."
Es bleibt in Erinnerung ...
... die Story
Es ist Sasha Abramsky ein Anliegen, uns in das Haus seines Großvaters Chimen zu bitten. Genauso kommt es mir vor, wenn wir nach und nach durch alle Zimmer geführt werden und unsere Blicke über Bücherregale, Gemälde und das Mobiliar schweifen lassen dürfen.
Es ist vor allem eine Hommage an den Großvater, der über Jahre wertvolle Bücher, Erstausgaben, Manuskripte und Dokumente zusammengetragen hat, eine Sammelleidenschaft, die vor allem dem Beherbergen von bemerkenswerten Wissen und großen Ideen diente. Werke zur Geschichte und zur Philosophie, sozialistische Fachenzyklopädien, Revolutionsschriften und eine der wertvollsten Judaica-Sammlungen sind in dem Haus im Londoner Norden sortiert, gestapelt und hochgeschätzt.
Chimen war aber mitnichten ein Eigenbrötler, der sich hinter seinem "Archiv von Worten" versteckte, sondern er liebte es, Besucher im Haus zu haben, mir denen er moralische und politische Themen erörtern konnte. Die "Liebe zum Wissen" wurde mit Interessierten geteilt, wenn auch nicht jeder Gast in jeden Raum vorgelassen wurde.
Sasha Abramsky beginnt dieses Buch zu schreiben, als der Großvater 2010 stirbt und die kostbare Sammlung aufgelöst wird. Das Haus der "Buchjuwelen" zeigte schon Spuren von Baufälligkeit und konnte so nicht erhalten werden.
Der Autor schenkt seinem Großvater und seiner Leidenschaft einen zutiefst liebevollen Blick, wartet posthum mit noch ganz viel Hochachtung und Respekt auf.
... das bewegte Herz
Sasha, der als Kind ganz sicher war: alte Leute wohnen ausnahmslos in vollgestellten Bücherhäusern. So wie Chimen es gelebt hat, so bildete es für Sasha die Normalität ab.
Bewegt haben mich auch Chimens Worte im hohen Alter (fast neunzig): "Mein einziges Vergnügen besteht darin, ohne Unterlass zu lesen." Und das, während er schon körperlich verfällt und mit Schmerzen zu kämpfen hat.
... ein Zitat
"Im Laufe der Jahrzehnte war Chimen so süchtig nach Druckseiten geworden, nach der Haptik seiner Bücher, der Aura alter Manuskripte und den Inhalten seiner Briefwechsel, dass er sich zuletzt buchstäblich mit Wortmauern umgab. Sie boten ihm Schutz vor dem Wahnsinn der Außenwelt - oder halfen ihm, durch das Chaos zu navigieren. Am Ende seines Lebens war jeder einzelne Raum des Hauses, mit Ausnahme von Badezimmer und Küche, vom Boden bis zur Decke von Regalen mit doppelten Bücherreihen gesäumt ... und als in den Regalen kein Platz mehr war, verschwanden zuerst die Fußböden und dann die Tische unter hohen, schwankenden Bücherstapeln."
... die Sprache
Sasha Abramsky ist mit kultivierter Sprache groß geworden und arbeitet nach Studiengängen in Politik, Philosophie und den Wirtschaftswissenschaften im Bereich des Journalismus. Erfahrungen als Buchautor hat er bereits gesammelt. Dieses ist sein zweites Buch. Sehr gut ausformuliertes und intelligentes Werk.
Beeindruckt haben mich aber auch der Eifer und die Hingabe. Die Bewunderung für den Großvater und seine staunenswerte Sammlung ist auf jeder Seite spürbar.
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