Samstag, 3. Oktober 2015

"Untertauchen" von Lydia Tschukowskaja


  "Alle Worte sind auf dieser Erde gewachsen und strecken sich zum Himmel wie diese Birken."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Lydia Tschukowskaja hat für ihren Roman die Kulisse einer Winterlandschaft gewählt, lässt die Protagonistin lange Spaziergänge durch einen verschneiten Wald machen und in das "Schweigen des Schnees" eintauchen.
Nina Sergejewna wohnt in einer Art Sanatorium für Schriftsteller und soll dort zur Ruhe kommen. Zu verarbeiten hat sie die Verhaftung und Ermordung ihres Mannes Aljoscha im Jahre 1937, als Stalins Terror ungemein wütete. Immer wieder tauchen Bilder von der Schreckensnacht in ihr auf, als Aljoscha zwischen zwei Soldaten das Haus verlässt. Nina lässt die Erinnerung zu, möchte nicht vergessen, sondern immer wieder realisieren, was geschehen ist, sich damit auseinandersetzen. Am liebsten möchte sie ein Buch darüber schreiben, aber ...
"Meinen Erinnerungen wird es versagt bleiben, sich in ein Buch zu verwandeln."
In ihrem Zimmer liest sie Gedichte, erinnert sich an die Poesie russischer Schriftsteller und arbeitet an Übersetzungen.
Mit "Untertauchen" ist ein Abtauchen in eigene Bewusstseinsgründe gemeint, das Aufspüren von Klarheit und Wahrheit.


... das bewegte Herz

Als sie in Bilbin einen Seelenverwandten vermutet, doch enttäuscht wird. Denn dieser Autor, ebenfalls Mitbewohner im Sanatorium, weicht in seinen Werken der Wahrheit aus und verrät damit seine Erinnerungen.

Die Liebe zur Poesie und die Erinnerung an Boris Pasternak haben mich immens bewegt.
Boris Pasternak teilte das Schicksal mit Lydia Tschukowskaja, wegen Landesverrats aus dem  Schriftstellerverband der UDSSR ausgeschlossen worden zu sein.

... ein Zitat

"Ich erhob mich und ging, um mich anzuziehen. Es war Zeit für einen Spaiergang  vor dem Untertauchen. Das tägliche Übersetzungssoll hatte ich bereits am Morgen hinter mich gebracht und mir vorgenommen, nach dem Tee, wenn alle vor dem neuen Film sitzen werden, zu tauchen. Sollte es mir gelingen, den Himmel, den Schnee und die Luft mit nach Hause zu bringen, bis zum Schreibtisch, dann könnte das Untertauchen gelingen, und die beseligende Klarheit des Blicks würde sich sofort einstellen."

... die Sprache

Sehr poetisch. Wunderbar in der Darstellung von Landschaft, Lyrik und Gefühlswelt.

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