Montag, 5. Februar 2018

"Das deutsche Krokodil" von Ijoma Mangold


"Trotzdem war mein Leben, 
seit ich meinen Vater kennengelernt 
und nach Aba gereist warein anderes geworden."


Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Ijoma Mangold wächst alleine mit seiner Mutter im Heidelberg der siebziger und achtziger Jahre auf. Nichts möchte er weniger als auffallen und ist daher stets bemüht, sich bestmöglich anzupassen.
Unangenehm sind ihm seine krausen Haare und sein fremdklingender Vorname, die eklatante "Exotik", die jedem ins Auge springen muss. Und ohne Vater aufwachsen zu müssen, empfindet er als Makel, eine Lücke, die er öfters erklären muss.
Seine Mutter aber schenkt ihm viel Liebe und stärkt sein Selbstbewusstsein. Eine beeindruckende Frau, die es schafft, ihr Kind zu fördern, obwohl sie in eher "bescheidenen Verhältnissen" leben. Ijoma lernt schnell, ohne einen Vater zurechtzukommen. Von Vermissen kann nicht die Rede sein.
Er erweist sich als fleißiger Schüler und besucht gar ein Elitegymnasium. In der Schule fühlt Ijoma sich gut angenommen, ganz so, als hätte er gar keine "fremdländische Aura". Von den Altersgenossen trennt ihn eher seine ausgesprochene Neigung zu Literatur und klassischer Musik, eine Leidenschaft, die die Kameraden nicht mit ihm teilen und die ihn etwas isoliert.
Als sein afrikanischer Vater nach zweiundzwanzig Jahren in sein Leben tritt, empfindet Ijoma es als eine zu späte "Besetzung der Vaterrolle". Gefühlsmäßig hält er den Vater auf Distanz und folgt auch der Einladung nach Nigeria eher widerwillig. Die Kultur bleibt ihm fremd und der Anschein, der Vater wolle ihn als Erben nach Afrika holen, irritiert ihn sehr. Weitere Einladungen ignoriert er daraufhin.
Jahre später bereut er seine Distanziertheit, analysiert sie als "Verdrängung".
Nach dem Tod seines Vaters intensiviert er den Kontakt zu seinen afrikanischen Geschwistern.

... ein Zitat

"Sozialisation, nicht Genetik, so empfand ich es, hatten mich zu dem gemacht, der ich war; die Liebe meiner Mutter, nicht der Samen meines Vaters; indem er sich aufs Blut berief, missachtete er in gewisser Weise meine persönliche Geschichte.
Ich hatte noch nicht einmal am Telefon mit ihm gesprochen, da führte ich innerlich schon eine Auseinandersetzung mit ihm. Nun spielte allerdings die Frage, wie ich den Brief meines Vaters innerlich aufnahm, für meine Handlungen im Grunde keine Rolle ... es war völlig klar, dass ich die ausgestreckte Hand ergreifen würde ... und außerdem ließ meine Mutter keinen Zweifel daran aufkommen, was sie von mir erwartete: Es hatte sich nun alles gefügt, endlich würde ich meinen wunderbaren Vater kennenlernen."

... was mich bewegt hat

"Zwei intensive Monate" bleiben Ijoma, um sich von seiner Mutter zu verabschieden, als diese die Diagnose Krebs erhält. Ijoma nimmt sie in seiner Berliner Wohnung auf. Auf dem Sterbelager liest er ihr Fontane vor, da sie Fontane liebte. In der zweiten Strophe von "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Haveland" macht sie "ihren letzten, rasselnden Atemzug" ...

Seine Fürsorge und Liebe haben mich sehr bewegt.


... die Sprache

Der Literaturkritiker Ijoma Mangold bedient sich in seinem Buch einer sehr gut verständlichen, fließenden Sprache. Natürlich weiß er gekonnt zu formulieren, aber es geht ihm nicht darum, besonders intellektuell rüberzukommen.

... ein Fazit

Wir haben hier Einblick in eine sehr interessante, außergewöhnliche Familie. Ijoma Mangold hat wirklich was zu erzählen und ich bin froh, dass er es getan hat.

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