Samstag, 28. März 2015

"Zwei Herren am Strand" von Michael Köhlmeier

"Sie hatten einander die Tage geschildert, in denen sie von Mächten gekrümmt wurden, die nicht von dieser Welt waren."




Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Einstige Begegnungen zwischen Charlie Chaplin und Churchill sind schriftlich und photographisch belegt. Michael Köhlmeier greift auf diese historischen Funde zurück und bedient sich zusätzlich geistreicher Phantasie, um dem Leser Einblick zu schenken in eine ganz besondere Freundschaft. Die beiden Männer waren nicht nur vereint in ihrem Kampf gegen Adolf Hitler, sondern auch in ihrem Ringen mit dem "schwarzen Hund", wie Winston Churchill seine Depressionen nannte, die ihn manchmal wie eine plötzlich auflauernde Bestie bedrohten. Der Politiker und der Regisseur verabreden sich über die Jahre hinweg immer wieder, um sich gegenseitig zu stützen und sich darüber auszutauschen, wie trübe Gedanken und Selbstmordabsichten zu vertreiben seien. Das erste Mal kommen die beiden sich bei einem Strandspaziergang näher, was zum Titel dieses Buches geführt hat.
Dieses Verschränkung von Wirklichkeit und Fiktion macht einen großen Reiz dieses Buches aus. Beides wird gekonnt verwebt und der Leser erhält das Gefühl, dass es genauso gewesen sein müsste... 
Man gerät in einen Sog der Erzählperspektiven, bleibt wach und hochsensibel, was den weiteren Verlauf betrifft. Der Autor trifft das richtige Maß an dem, was er über die Freundschaft preisgibt. So in sich verschlossen und ausschließlich die beiden Männer ihre schwarzen Tage miteinander teilen, so muss auch der Leser im rechten Moment außen vor bleiben. Hier wird keine Seelennot ausgeschlachtet, sondern eine Freundschaft liebevoll beleuchtet, die großen Halt gegeben hat.  

... das bewegte Herz

Churchills Kindheit bewegt sehr. 
Und wie die beiden Männer mit dem schwarzen Hund ringen und Wege suchen, ihn loszuwerden.
Die unvergleichliche Freundschaft.
Ich erinnere mich auch gerne an die Szene, als Charly Chaplin Churchills Tochter Sarah kennen lernt und tief bewegt ist ob der Zärtlichkeit zwischen Vater und Tochter.

... ein Zitat

"Chaplin wusste also Bescheid über Churchills immer wiederkehrenden Gemütszustand finsterer Ausweglosigkeit- den "schwarzen Hund", wie Samuel Johnson diesen Bastard aus fehlgeleiteten Impulsen und verpantschter Gehirnchemie genannt hatte. Er wusste, dass Churchill, der Inbegriff britischen Draufgängertums, immer wieder in den Zwinger der Bestie hineingeriet, ohne dass er vermocht hätte, dagegen Vorkehrungen zu treffen ... Mit niemandem, auch nicht mit seinen Ärzten, hatte Churchill je ausführlicher und ehrlicher über dieses Leiden gesprochen."

... die Sprache

Angemessen still. Zart und präzise. Und doch sehr einnehmend. Die Sprache eines großen Erzählers.

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