"Kiplings Vorname stammte von einem See, an dem seine Eltern sich kennengelernt hatten ..."
Es bleibt in Erinnerung ...
... Amüsantes, Skurriles und Makabres, das Javier Marís in diesem Werk zusammengetragen hat. Er gewährt uns Einblicke in mehr oder weniger wissenswerte Begebenheiten aus dem Leben bereits verstorbener Autoren, die Marías etwas bizarr als"vollendete Künstler" bezeichnet. Das sei schon mal eine Kostprobe seiner Ironie, an der er sich hier versucht. Etliche Anekdoten haben mich unterhalten und ich habe mit Vergnügen Sonderliches gelesen.
So hielt James Joyce sich für ein Genie, seine Frau las aber nie seinen weltberühmten Roman "Ulysses", Iwan Turgenjew hatte mit einer im Haus beschäftigten Näherin eine Tochter, Malcolm Lowry war stets zu Scherzen aufgelegt und brachte sich letztendlich um, Yukio Mishima ließ sich mit fünfundvierzig Jahren von einem Freund den Kopf abschlagen, Arthur Rimbaud war ein fantastischer Verseschmied, aber ungepflegt, alkoholsüchtig und gewalttätig und Oskar Wilde verbrachte zwei Jahre im Zuchthaus und starb an Syphilis.
Dies sind viele kleine überlieferte Neigungen, manchmal an der Grenze zur Unart, die man vielleicht nicht erfahren muss, die Marías aber so unterhaltend darbietet, dass man gerne davon liest.
Besonders gut haben mir dazu Photos und manchmal auch Gemälde der Autoren gefallen. Marías kann damit aufwarten, da er selbige als Postkarten leidenschaftlich sammelt.
"An sie bin ich gewöhnt, sie sind mir vertraut. Diese Portraits und keine anderen (möglicherweise besseren oder spektakuläreren) verbinde ich mit Dickens, Faulkner oder Rilke, und das wird auch so bleiben, weil ich sie zur Hand habe und sie mir immer mal wieder ansehe."
Ich bin von dieser Recherche Marías beeindruckt, wusste ich doch gar nicht, dass er sich neben seinen großen Romanen (allen voran "Mein Herz so weiß") auch mit Essays und Zeitungsartikeln beschäftigt hat. Eine angehängte Literaturliste lässt seine Mühen annähernd erahnen. Vorab wurden etliche Kapitel schon in spanischen Zeitschriften veröffentlicht und dadurch ist die Idee zu diesem Buch entstanden.
Das ansprechende Cover war für mich mit ein Grund zu diesem Buch zu greifen. Es zeigt einen Ausschnitt eines Gemälde aus der National Portrait Gallery in London. Wir sehen Rudygard Kipling schreibend in seinem Arbeitszimmer. Entstanden ist das Gemälde 1899. Acht Jahre später erhielt Kipling den Nobelpreis für Literatur.
... ein Zitat
" In diesem Buch werden Menschenleben oder, strenggenommen, Versatzstücke aus ihrem Leben erzählt: Nur selten erfolgt eine Wertung ihres literarischen Werks, und die den Personen bezeugte Sympathie oder Antipathie lässt nicht unbedingt Rückschlüsse auf das Maß der Wert- oder Geringschätzung zu, die ich ihren Schriften entgegenbringe ... Was ich hier zur Sprache bringe, ist sehr einseitig, doch gerade Ausgewähltes beziehungsweise Weggelassenes entscheidet mit über Gelingen oder Misslingen dieser Texte."
... das bewegte Herz
Dieses Buch ist nicht unbedingt eine Frage des Herzens. Marías hält sehr wohl Distanz zu den Autoren.
... die Sprache
Wie sollte es bei Javier Marías anders sein: elegant und formvollendet.
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