Dienstag, 11. November 2014

"Fremde küssen sanft wie Falter, dachte sie."


"In der Haut eines Löwen" von Michael Ondaatje


Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Kanada in den zwanziger und dreißiger Jahren:  Einwanderer bevölkern das Land, wagen einen Neuanfang. Michael Ondaatje gibt ihnen Raum, schildert Einzelschicksale. Und doch sind sie nicht für sich, denn der Autor ersinnt Schnittstellen und lässt seine Figuren an diesen zusammenkommen. Sie streifen sich, sie verlieben sich, sie planen, morden manchmal und gehen auch wieder auseinander.
Der Schriftsteller schafft Szenen, die dem Leser unvergesslich bleiben. Da sind Patrick und Hazen Lewis, die gemeinsam eine Kuh retten, die ins Eis eingebrochen ist oder verkeilte Baumstämme mit Hilfe von Sprengstoff voneinander lösen. Und ich erinnere mich an Nicholas Temelcoff, der die von einem Viadukt stürzende Nonne rettet. Bilder so stark, so eindrucksvoll. Sie ziehen mich in ihren Bann, lassen mich nicht mehr los.
Aber das Buch hat auch seine Längen. Der Leser lechzt nach weiteren Szenen, die ihn betören, aber manchmal bleibt er streckenweise etwas verloren. 

... das bewegte Herz

Das Herz schlägt für die Figuren und die unvergleichlichen Schauplätze. Und ich habe mein Herz an Ondaatjes Sprache verloren.

... ein Zitat

"Was in Patrick von der Kindheit zurückblieb, waren die in den Briefkästen festgefrorenen Briefe nach Eisstürmen. Woran er sich erinnerte, war, dass er nur die Dinge liebte, die mit Farben zu tun hatten, dass er alles Weiße hasste; er trat in das warme, braune Universum der Scheunen, aus denen der Atem und der Dampf des Viehs quoll, der beißende Dung- und Uringeruch, den er sich auch noch mitten in Toronto ins Gedächtnis rufen konnte. Dieser Geruch hatte majestätisch über seiner ersten Verführung im Heu gelegen ..."

... die Sprache

Ausnehmend poetische Sprache, die den Leser verzaubert. Ein ganz eigener Ton, der reiche Bilder entstehen lässt.







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