Mittwoch, 16. September 2015

"Hemingways Stuhl" von Michael Palin



                                  "Man kann vernichtet werden, aber 
                                          man darf nicht aufgeben."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Martin Sproale wohnt mit seinen sechsunddreißig Jahren noch bei seiner Mutter und ist als emsiger Postbeamter in einem kleinen Office in Theston, einem beschaulichen Ort an der ostenglischen Küste, beschäftigt. Er liebt Ernest Hemingway, bezeichnet sich gar selber als "Aficionado". Martin hat alle seine Werke gelesen, sie ruhen in seinen Regalen, und er sammelt darüber hinaus Erinnerungsstücke aus Hem's Leben.
Eigentlich liebt er auch Elaine, eine Kollegin aus dem Postamt, und Ruth, eine amerikanische Schriftstellerin, die über Hemingway schreibt. Frauen bereiten ihm aber gewöhnlich Kopfzerbrechen. Ruth vermittelt ihm den titelgebenden Angelstuhl, auf dem Hemingway gesessen haben soll, als "Der alte Mann und das Meer" verfilmt wurde.

Die eigentliche Tragik in Martins Leben beginnt, als das kleine Postamt modernisiert werden soll, Martin sich eher ungeschickt dagegen auflehnt und seine Arbeit verliert. Den Angelstuhl kann er sich dann eigentlich nicht mehr leisten und er gerät in Schwierigkeiten.
Am Ende spitzt sich alles rasant zu, aber Martin ist auf seine etwas tollpatschige Weise durchweg schlüssig. Ein bisschen schräg. Immer überzeugend Hemingway-like. Sympathisch.

... das bewegte Herz

Der etwas verschrobene Martin und seine Liebe zu Hemingway. Die von ihm geführten Zwiegespräche mit dem amerikanischen Schriftsteller.
" Das fabelhafte ist, dass wir beide dasselbe sind, Papa. Versager."

... ein Zitat

"Martin gab es Ruth gegenüber nicht zu, weil er wusste, dass sie es lächerlich fand, aber die Idee, den Angelstuhl zu kaufen, ergriff von Tag zu Tag stärker von ihm Besitz. Seit sie ihm zum ersten Mal das Photo gezeigt hatte, rief er sie jeden zweiten Abend an, um sich zu vergewissern, dass es ihn gab, dass sie wusste, wo er sich befand, und dass er an keinen anderen verkauft würde. Seine Tage füllten sich mit Gedankenspielen, wie der Sitz auf hoher See knarrte, sich hin und her bog, während Hemingway, angeschnallt wie auf dem elektrischen Stuhl, damit kämpfte, einen riesigen Marlin, Hai, Thun- oder Schwertfisch aus den ruhigen Wassern des Stillen Ozeans emporzuhieven."

... die Sprache

Michael Palin hat hauptsächlich Reisedokumentationen verfasst. Damit war er sehr erfolgreich. Auch in diesem Roman spürt man, dass er schreiben kann. Ich fühlte mich sprachlich angesprochen, keine hohe Literatur, aber geistreiche Unterhaltung.

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