Sonntag, 24. Juni 2018

"Perdita" von Gail Jones




"In Worten lebte eine Art Geist, in den man eintauchen 
und auf den man sich einlassen konnte."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Als Tochter einer schwermütigen Mutter, die mit Vorliebe Shakespeare rezitiert, und eines verbitterten Vaters kommt Perdita in einer schlichten Behausung im Busch Nordwest-Australiens zur Welt. Von ihren Eltern Stella und Nicholas unerwünscht, sind es die Ureinwohner vor Ort, die sich Perditas annehmen und ihr Liebe schenken. Jukuna, eine der Aboriginefrauen, wird zu ihrer Amme. 

Etwas geben die Eltern ihr aber mit und das ist die Faszination für Bücher. Perdita zieht sich wie Stella und Nicholas gerne selbstvergessen ins Reich der Literatur zurück. Auch Mary, das Aborigine-Hausmädchen liest ausgiebig, beide Mädchen verbringen viel Zeit miteinander und sind sich nahe wie Schwestern.

Eines Tages wird Perditas Vater erstochen aufgefunden. Perdita ist zu diesem Zeitpunkt elf Jahre alt und hat viel zu verarbeiten: der Vater in seinem Blut und schließlich Mary, die die Tat gesteht und in eine Erziehungsanstalt gebracht wird. Perdita vermisst die Schwester daraufhin schmerzlich. In Folge der Ereignisse fällt sie in lähmende Stummheit, bzw. kann sich lediglich unter schwerstem Stotterns verständigen.
Im Zuge des Kriegsgeschehens werden Mutter und Tochter 1942 nach Perth evakuiert. Stella erkrankt erneut psychisch, erhält die Einweisung in eine Klinik und Perdita ganz liebevolle Pflegeeltern. Mit Hilfe dieser und des sehr einfühlsamen Psychiaters Dr. Oblov, der eine erstaunliche Therapie entwickelt, überwindet Perdita ihre Sprachstörung. In diesem Prozess kehrt aber auch die Erinnerung an den Tod ihres Vaters zurück und es offenbart sich ihr der Tathergang unerwartet anders. Ihr Wunsch, mit Mary zu sprechen, ist groß und sie besucht diese im Gefängnis ...

... ein Zitat

"Perdita war sich noch nicht bewusst, wie ausgesprochen verloren sie sich fühlen würde; auch wusste sie nicht, dass niemals wieder etwas denselben Stellenwert einnimmt wie die Orte unserer Kindheit und die damit verknüpften aufregenden, besonders intensiven und lodernden Eindrücke. Es kann keinen Ersatz geben. Es gibt keine geschickten Kunstgriffe, die das Exil weniger definitiv werden lassen. Sie kniete sich auf den Koffer ihres Vaters, setzte die Ellbogen auf das Dach des Führerhauses, blickte in die Zukunft und ließ sich den heißen Wind durch die Haare wehen."

... was mich bewegt hat

Wie Perdita, geboren von Eltern, die nicht lieben können, sich erstaunlich empathisch entwickelt. Ihr sensibler Blick für die Mitmenschen hat mich sehr bewegt. Und es scheint auch Perditas Stärke, sich selbst zu betrachten. Nur ein einziges Mal blendet sie aus, was nicht zu ertragen war ...
Atmosphärisch dicht. Satte Bilder sind mir im Gedächtnis.

... die Sprache

Gail Jones schreibt sehr poetisch und lässt mich ganz tief eintauchen in Bilder und Vorstellungen.

... ein Fazit

Ein sehr gefühlvolles Buch mit einer faszinierenden Hauptfigur.

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