"Sein Sinn aber lechzte nach verwegener, maßloser, übermenschlicher Vergeltung."
Es bleibt in Erinnerung ...
... die Story
Grob umrissen ist die Geschichte sehr wohl bekannt, handelt es sich doch hierbei um einen Klassiker der Weltliteratur und ein Werk, das bereits mehrfach verfilmt worden ist. Manch einer mag die Filme kennen, hat aber aufgrund der hohen Seitenzahl noch nicht zum Buch gegriffen.
Für mich war es keine Seite zuviel. In den spannenden Walfang webt Melville hochinteressante Kapitel zum Verhalten, zur Anatomie, Zoologie und Nutzung der Wale. Er geht sehr ins Detail, widmet sich darüberhinaus auch noch philosophischen Aspekten, lässt Gott und die Welt einfließen, schlägt den Bogen zu Kunst, Schöpfung und Schönheit von Natur und Kreatur. Ein weiser Autor beweist sich hier den Lesern und mutet gar an wie ein Prophet. So beginnt auch sein Roman:
"Nennt mich Ismael."
Ismael ist noch "uneingeweiht in die Mysterien des Walfangs", ein einfacher Seemann, der auf der Pequod mit einer gewissen Sehnsucht nach Abenteuer und Verwegenheit, sowie dem "Wunder der Weite" anheuert. Es liegt ihm fern an das Blutrünstige zu denken, vielmehr betrachtet er die Expedition als eine Art Ehrfurchtsbezeigung und singt ein Hohelied auf die Würde dieser göttlich kolossalen Meeresbewohner.
Erst auf hoher See wird er des Kapitäns Ahab wirklich gewahr, erkennt in ihm mehr den "Dämon als Menschen" und sieht tiefes "Schattendüster über des alten Mannes Antlitz". Der Leser erfährt, dass Ahab bei einem vorherigen Kampf mit Moby Dick ein Bein verloren hat und nun auf Rache sinnt, also grimmigen Vergeltungskrieg führen möchte.
Gegen Ende des Buches (bis dahin hat sich für mich eine erhebliche Spannung aufgebaut) jagt Ahab den weißen Wal über drei Tage und nimmt in Kauf, dass dieser die Pequod rammt und samt Besatzung im Meer versinken lässt.
Einzig einer überlebt, sich klammernd an eine Holzkiste, die ursprünglich vom Zimmermann als Sarg gearbeitet war ...
... ein Zitat
"Und so, durch die selige Klarheit der tropischen See, durch Wellen, deren Rauschen in verzücktem Überschwang verhielt, schwamm Moby Dick und entzog dem Blick noch die vollen Schrecken seines verrenkten Kiefers. Doch bald stieg sein Vorderteil prächtig aus dem Blau, eine Sekunde lang wölbte sich sein ganzer Marmorleib in hohem Bogen gleich Virginiens Felsenbrücke; und zur Warnung sein Banner, die gewaltige Schwanzflosse, in der Luft schwenkend, dass jeder fühlte, hier offenbarte sich der mächtige Gott, tauchte er und war verschwunden. In Kreisen schwebten die weißen Seevögel, netzten im Fluge die Schwingen und zögerten sehnsüchtig über dem aufgewühlten Gewoge, das er hinterlassen hatte."
... das bewegte Herz
Es liegt in den Gedanken Ismaels und der Not der Schiffsbesatzung, die allmählich von Furcht beseelt ist und ahnt, dass sie nicht lebend aus diesem Wahnsinn rauskommt.
... die Sprache
Sie hat Tiefe und glänzt mit Poesie. Als würde sie sich über das Meer erheben und alles weise-mystisch mit Abstand betrachten.
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