Freitag, 5. Oktober 2018


"Der Tag, an dem 
mein Großvater ein Held war" 
von Paulus Hochgatterer




"So wäre es am ehesten gewesen."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Auf einem Bauernhof in der Nähe von Linz taucht 1944 ein stummes Mädchen auf und bleibt. Für die Bauersleute ist es eine Selbstverständlichkeit, die dreizehnjährige Waise mit Namen Nelli aufzunehmen, denn bei einem Bombardement verlor sie ihre Eltern und blieb verstört zurück. Mit viel Zuwendung gelingt es, das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen und Nelli beginnt gar wieder zu reden.
Ein Jahr später gewährt die Familie auch einem jungen Russen mit Namen Michail Asyl.
Als sich Wehrmachtssoldaten auf dem Hof einquartieren, gerät sein Leben in Gefahr, denn er wird als geflüchteter Zwangsarbeiter entlarvt und soll erschossen werden. Bauer Jakob aber stellt sich den Besetzern mutig entgegen!
... oder hat Nelli sich das nur ausgedacht? Das junge Mädchen schreibt nämlich eifrig Geschichten und lügt auch schon mal, wie sie selber sagt.
Im letzten Kapitel wird dann die Möglichkeit einer anderen Entwicklung ersonnen, wobei sich auch hier ein Happy End abzeichnet. Aber ist es tatsächlich so gewesen?
Das löst sich nicht auf. Beide Versionen bleiben nebeneinander stehen. Jedes Mal geht es um den Mut einzuschreiten und ein Menschenleben zu retten. 

Der zweite Weltkrieg als Szenario, darin als Kleinod der Bauernhof und die flackernde Hoffnung, in diesem Krieg, wie auch in jedem anderen, möge es Menschen geben, die für andere aufstehen und was riskieren.

... ein Zitat

"Die Schwalben sind da. Manchmal verändert so etwas alles. Du stehst irgendwo, zum Beispiel vor dem Haus, und denkst nach oder betrachtest die Wolken wie an jedem Tag, und nach einer Weile merkst du, dass etwas anders ist ... Plötzlich weißt du es: Es sind die Schwalben, die zurück sind. Sonst ist heute alles wie gestern. Die jagenden Wolken, die Maulwurfshügel, die abgebrochenen Äste unter den Obstbäumen, der Kleiber, der vorne die Scheunenwand auf und ab läuft. Kleiber sind Glückstiere, sagt Laurenz, genau wie Kröten oder Igel oder Hirschkäfer."

... was mich bewegt hat

Bewegend ist die Bauersfamilie, die gleich zwei Geflüchteten ein Zuhause schenkt. 
Besonders berühren mich Nelli und Laurenz (der Bruder des Bauern), denn sie sind aufmerksame Beobachter ihres Umfelds, studieren Mensch und Natur gleichermaßen. Nelli als Icherzählerin schenkt der Erzählung einen immensen Charme.

... die Sprache

Eine ganz behutsame Sprache setzt hier schrecklichen Ereignissen etwas entgegen. In den Betrachtungen der dreizehnjährigen Nelli liegt ganz viel Poesie.

... ein Fazit

Das Buch wirkt fast etwas episodenhaft. Es tauchen Figuren auf, die nach einem Kapitel wieder verschwinden. Trotzdem scheint es mir rund, denn etwas zieht sich durch das ganze Buch: Menschen werden zu Helden. 
Man muss nur daran glauben. Und es erzählen. Oder aufschreiben, so wie Nelli es tut. 
In der Literatur ist soviel möglich. Mir gefällt das und ich möchte dieses Buch gerne weiter empfehlen.


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