Mittwoch, 20. April 2016

"Was das Meer ihnen vorschlug" von Tomás González


"Irgendwo hatte Javier gelesen, dass man nicht geboren wird, um glücklich zu sein, sondern um die Welt zu bestaunen."

Wer kennt nicht den Ausspruch, dass ein Unwetter etwas Reinigendes verspricht, als würden Naturgewalten über uns hinwegziehen und längst Überfälliges mitnehmen?
Dieser Roman ist aufgebaut wie ein Final Countdown, an dessen Ende sich ein Konflikt zuspitzt und nach Erleichterung schreit.

Superschönes Cover, ein Autor, der mir schon bekannt war und wieder eine Geschichte, die am Meer spielt. Für mich beste Voraussetzungen für angetane Lesestunden ...

In etwas mehr als vierundzwanzig Kapiteln, in denen die Uhr immer um eine Stunde vorrückt, lernen wir Javier und Mario kennen, sechsundzwanzigjährige Zwillinge, die zusammen mit ihrem Vater eine Ferienanlage an der kolumbianischen Küste betreiben. Der Vater begegnet seinen Söhnen mit Verachtung, erniedrigt und beschimpft sie und auch für seine Frau Nora bleibt nichts als Geringschätzung und Demütigung. Javier und Mario hängen sehr an ihrer inzwischen an Schizophrenie erkrankten Mutter, kümmern sich liebevoll, derweil der Vater bei seiner Geliebten verweilt.

Javier sucht seinen Rückzug in Büchern, liebt vor allem Shakespeare, der ihn "in tiefster Seele berührt". 
Seine Gedanken, als er mit seinem Bruder und seinem Vater auf's Meer hinausfährt: "Der alte Mistkerl und das Meer". 
Ein treffender Bezug zu dem Klassiker von Ernest Hemingway. 

Obwohl ein Unwetter vorhergesagt ist, gehen die drei leichtsinnigerweise auf Fischfang.
Wie sehr das Meer ihre Welt, ihr Zuhause ist, spürt man auf den folgenden Seiten. Tomás González fängt die Szenerie wunderbar ein: das Boot und die düstere Atmosphäre, in der jeder seinen Gedanken nachhängt. Rundherum das Spiel der Gewalten und als der despotische Vater über Bord geht, ergibt sich für Javier und Mario die Chance ...

Ohne viel vorweg zu nehmen: das Ende hat mich sehr verwirrt und bestürzt zurückgelassen ...
Vielleicht ein gutes Buch, um über Folgendes nachzudenken: wann eigentlich spricht man von einem Happy End?





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