Sonntag, 3. Mai 2015

"Am Schreibtisch- Thomas Mann und seine Welt" von Inge Jens



                            "... am vertrauten Schreibtisch mit Blick auf den Ozean..."

Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Thomas Mann ging wie einige andere deutsche Schriftsteller unter Hitlers Regime ins Exil. Als Hitler an die Macht kam, befand sich Thomas Mann gerade auf Vortragsreise im Ausland. Als es sich bei fortschreitender beängstigender Entwicklung in Deutschland als weise erwies, nicht mehr heimzukehren, zog die Familie Mann in ein Haus in der Nähe des Züricher Sees. Es folgten weitere Ortswechsel, waren das nach Sanary an der südfranzösischen Mittelmeerküste, Beverly Hills in Kalifornien und "zur Verbringung des Lebensabends" letztendlich wieder in die Schweiz. Thomas Mann suchte über die Jahre "endgültige Geborgenheit" und tat sich eigentlich schwer mit der ständigen Verlagerung seiner Lebens- und Schaffensorte. Stets blieb eine Sehnsucht nach deutschsprachiger Umgebung bestehen.
Inge Jens hat mit dem Mahagonischreibtisch Thomas Manns das Möbelstück in den Mittelpunkt gerückt, das ihm ein Garant für beharrliches Schreiben, Verlässlichkeit und Heimatgefühl war. Bei jedem Umzug durfte es mit, überquerte zusammen mit seinem Besitzer Meere und Kontinente. An ihm sammelte Thomas Mann sich und schrieb im Exil seine großen Werke "Joseph und seine Brüder" und "Doktor Faustus".
Der Autorin ist es auf interessante und warmherzige Art und Weise gelungen, Thomas Mann und seinem Schreibtisch ein kleines literarisches Denkmal zu setzen. Ich fühlte beim Lesen, wie sehr er Schaffensoase für den Autoren gewesen ist und unabdingbar für die Genese von Adrian Leverkühn und die Josephsgestalt.

... ein Zitat

"An fremden Orten war es ihm noch nie gelungen, Dauerhaftes zu Papier zu bringen. Er brauchte seinen festen Platz und die gewohnte Ordnung, um schreiben zu können: den eigenen Schreibtisch- samt den vertrauten Utensilien, die ihm das Gefühl von Sicherheit und Kontinuität vermittelten. Alles andere konnte zwar der augenblicklichen Befindlichkeit zuträglich sein, das Eigentliche aber, das große literarische Vorhaben, setzte die Geborgenheit im Bekannten, Beherrschbaren voraus. Undenkbar, dass Thomas Mann an Café-Tischchen oder Sekretären seiner teuren Hotels seine Romane hätte entscheidend fördern können."

... das bewegte Herz

Kostbare Kästchen und Dosen, eine Uhr im Glasgehäuse, ein großer elfenbeinerner Brieföffner, eine Sammlung ägyptischer Grabesdiener, verschiedene gemaserte Steine, Familienfotos und seine Schreibmappe. Alles, was ihm lieb war, hatte seinen festen Platz auf dem Schreibtisch und musste auf immer gleiche Weise nach den Umzügen wieder drapiert werden.

... die Sprache

Das Buch ist sehr genau recherchiert und das findet sich auch in der Sprache wieder. Wohlformuliert und zusammengetragen. Man kann sagen: da haben sich zwei gefunden: der pedantische Thomas Mann und Inge Jens, die schon als Editorin von Thomas Manns Tagebüchern gerühmt wurde.
Sprachlich aber nicht nur exakt, sondern auch liebevoll. Man spürt die Verbundenheit mit der Familie Mann.


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