Dienstag, 2. September 2014

"Am Ende eines Sommers" von Isabel Ashdown



Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Durch diesen Roman ziehen sich zwei Perspektiven. Zum einen erzählt Mary von sich und ihrer Schwester Rachel, wie sie Anfang der sechziger Jahre engverbunden und lebenshungrig aufwachsen. Zum anderen hören wir Jake, der als Dreizehnjähriger darunter leidet, dass seine Eltern ihr Leben nicht in den Griff bekommen. Der Vater hat sich von seiner Mutter getrennt und letztere versinkt in Alkohol und Depression.
Der Leser erfährt schon früh, dass es sich bei Jakes Mutter um Mary handelt. Dank der Kapitel, die aus Marys Sicht geschrieben sind, erfährt man die Gründe für ihre Labilität. Zumindest deuten sie sich an. Der Leser sympathisiert durchaus mit Mary, denn wenn sie aus ihren depressiven Phasen auftaucht, erweist sie sich als äußerst herzliche Mutter. Jake liebt sie bedingungslos und übernimmt viel Verantwortung und hilft ihr, wenn sie nicht zurecht kommt. Man merkt aber, dass seine kleine Kinderseele brennt und er eigentlich überfordert ist.
Mary und Rachel hüten ein Familiengeheimnis, das nur stückweise gelüftet und selbst am Ende nicht ganz aufgeklärt wird. Der Schluss ist dramatisch und trotzdem schwingt wieder etwas Hoffnung mit. Es ist die Sicht von Jake, die diesen Roman zu etwas Besonderem macht. Eigenwillig und trotzdem vorstellbar.
Eine psychologische Meisterleistung der Autorin.

... das bewegte Herz

Jake rührt den Leser, aber ebenso die verzweifelte Mary. Und wunderschön sind die glücklichen Szenen in dieser Familie, die es auch gibt, nämlich dann, wenn es Mary besser geht. Die Kinder saugen diese Momente regelrecht auf.

... ein Zitat

"Was passiert jetzt, Dad?, frage ich.
Sein Gesicht ist grau über der dunkelbraunen Brust, und er weicht meinem Blick aus.
Dad?
Dad schüttelt den Kopf, seine festen Gesichtszüge brechen auseinander, und wir wissen, das alles ist Wirklichkeit. Andy fängt an, auf seine Knie zu weinen, ein heftiges Schluchzen schüttelt ihn. Dad hebt ihn hoch, drückt ihn an sich und wiegt ihn sanft, und er sieht so klein aus. Mein kleiner Bruder.
Mein Verstand sucht nach etwas Nützlichem, etwas Praktischem.
Was sollen wir jetzt machen, Dad? Sollten wir nicht jemandem Bescheid sagen?"

... die Sprache

Sie nimmt den Leser gefangen. Sie ist leise, aber eindringlich, transportiert Liebe, Verzweiflung und Hoffnung.
Das Ende fasziniert, es ist eine Glanzleistung. Denn trotz des schrecklichen Szenarios fährt die Sprache nicht mit Horrorvokabular auf.





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