Sonntag, 9. Dezember 2018



"Die Verlobten" von Alessandro Manzoni



"Sie müssen wissen, dass ich heute ein Mädchen heiraten wollte ..."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Die Geschichte spielt im 17. Jahrhundert in Italien in der Gegend des Comer Sees. Lucia, ein einfaches Bauernmädchen, und Renzo, ein Seidenspinner, lieben sich und möchten heiraten. Don Abbondio, der Dorfpfarrer, wird allerdings vom dem ruchlosen Don Rodrigo bedroht und redet sich raus. Renzo versucht es mit einer List, die misslingt, woraufhin das Brautpaar aus der Gegend flieht. Pater Christoforo hilft ihnen bei der Flucht. Lucia kommt zunächst in einem Kloster unter und wähnt sich dort in Sicherheit, aber ihr wird nachgestellt. Letztendlich ist es Kardinal Federigo Borromeo, der sie zu retten vermag. Manzoni setzt diesem Geistlichen hier ein literarisches Denkmal, denn seine Romanfigur ist historisch belegt: Als Erzbischof begründete Federigo Borromeo 1602 die berühmte Biblioteca Ambrosiana, die auch heute noch als "Mailänder Bibliothek" zu besichtigen ist.
Renzo verschlägt es nach Mailand und später ins Bergamaskische Gebiet und es bleibt zunächst ungewiss, ob Lucia und er überhaupt wieder zusammenkommen. Lucia hat ein Gelübde abgelegt, sie würde Renzo nie wieder erhören und außerdem wütet die Pest im Land und es ist fraglich, wer überleben wird.

... ein Zitat

"An dieser Stelle unserer Geschichte können wir nicht umhin, ein wenig zu verweilen, so wie der Wanderer, müde und erschöpft von einem langen Weg durch eine unfruchtbare, wilde Gegend, einige Zeit in dem Schatten eines Baumes im Gras neben einem Quell rastet. Wir sind auf eine Persönlichkeit gestoßen, deren Name und Gedächtnis den Geist, wann immer sie an ihn herantreten, mit einer sanften Regung der Ehrfurcht und einem freudigen Gefühl der Sympathie erquicken ...
Federigo Borromeo, geboren 1564 ..."

... was mich bewegt hat

Mich haben die beiden Geistlichen Pfarrer Don Abbondio und Pater Christoforo am meisten bewegt, ihre inneren Kämpfe und wie schwer es sein kann, Glaube, Liebe und Wahrhaftigkeit nicht nur zu predigen, sondern auch zu leben.

... die Sprache

Sehr schöne Sprache der damaligen italienischen Bildungsschicht. Manzoni hat nicht nur Prosa, sondern auch Gedichte geschrieben und das ist gut spürbar.

... ein Fazit

Gilt als das bedeutendste Werk der klassischen italienischen Literatur.

Lucias und Renzos Liebesgeschichte spiegelt sich in den damaligen gesellschaftspolitischen Verhältnissen wieder. Manzoni mutet dem Leser so einige Exkurse in die Historie Italiens zu. Beleuchtet werden vor allem die verschiedenen Klassen und Volksschichten, Aufstände wie der Mailänder Brotaufstand und die Folgen der Pestepidemie von 1630.
Hochinteressant, aber seitenweise auch anstrengend zu lesen.Trotzdem eine Lektüre, die ich empfehlen möchte. Beide Bände zusammen kommen auf etwa 700 Seite. Ein langer Leseatem ist also gefragt.

Samstag, 1. Dezember 2018

"Wild" von Reinhold Messner




"Als die Sonne aus den Zirruswolken bricht,
 glitzert die Luft voller Eiskristalle."

Es bleibt die Erinnerung ...

... die Story

Im Sommer 1914 verlässt die "Endurance" den Hafen von Buenos Aires. An Bord sind die britischen Polarforscher Ernest Shackleton und Frank Wild mit dem Ziel, als Erste den antarktischen Kontinent zu durchqueren. Als das Schiff 1915 im Packeis stecken bleibt und zerdrückt zu werden droht, verlassen die achtundzwanzig Expeditionsteilnehmer die Endurance und retten sich auf eine Eisscholle. Diese bricht, woraufhin die Männer mit Hilfe der Rettungsbote Zuflucht auf Elephant Island suchen. Von hier aus fährt eine kleine Gruppe, angeführt von Shackleton weiter über den südlichen Ozean nach Südgeorgien, um Hilfe zu holen. Zweiundzanzig Männer bleiben zurück und harren unter Frank Wilds Führung in der Eishölle aus. Vier Monate lang müssen sie auf Rettung warten und wissen nicht, ob diese überhaupt kommt. Minusgrade von 40 °C, Blizzards, Erfrierungen, Nahrungsknappheit und Depressionen setzen den Zurückgebliebenen zu. Überliefert ist, dass Frank Wilds Persönlichkeit "die Truppe aufrecht hielt" und einzig sein Zuspruch, sowie das Konzept der Aufgabenverteilung die Männer überleben ließ. Als Shackleton 1916 mit einem Rettungsboot zurückkehrt, können alle aufgenommen werden und in die Zivilisation zurückkehren.

... ein Zitat

"Immerzu Frost, alles gefroren: ihre Kleidung, die Schlafunterlage, die Schlafsäcke. Das Problem dabei ist die feuchte Atemluft, jede Art von Ausdünstung sammelt sich nachts in der Kleidung und wird anderntags draußen zu Eis. Die Männer schütteln es dann aus Hosen, Schuhen, Westen und Unterhemden. Ganz können sie es aber nie loswerden, und nachts, in ihren Schlafsäcken, taut das Eis wieder auf."

... was mich bewegt an

Reinhold Messners Begeisterung ist spürbar und das hat mir gut gefallen. Zweimal schon ist er persönlich vor Ort am "Point Wild" von Elephant Island gewesen, regelrecht fasziniert von den überlieferten Ereignissen.

... die Sprache

Zahlreiche (wahrscheinlich fiktive) Dialoge von einfacher Sprache. Geht es um das Bizarre und die Schönheit der Eislandschaft, gewinnt die Sprache aber gewaltig.

... ein Fazit

Meines Erachtens ein gutes Buch. Reinhold Messner hat einen ansprechenden dokumentarischen Roman geschaffen. Da der Autor selber mit extremen Herausforderungen vertraut ist, empfindet man den Ton des Buches als sehr authentisch.
Ich frage mich nur, warum es im Anhang keine Quellenangaben gibt. Nur im fließenden Text tauchen Hinweise auf etwaige Quellen auf, zum Beispiel hat Frank Hurley, ein Teilnehmer der Expedition, Fotos und Tagebuchaufzeichnungen hinterlassen. 
Etliche beeindruckende Fotos und Zeichnungen runden das Buch ab.