Samstag, 23. Juni 2018


"Die Göttin der Küsse" von Ippolita Avalli


"Wenn ich lese, öffnet sich ein Spalt 
in der Eiskruste meines Herzens."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Giovanna wächst in einem italienischen Dorf der sechziger Jahre auf. Aufmerksam betrachten die Kinderaugen die Welt der Erwachsenen, träumerisch zieht sie sich aber auch gerne in eigene Fantasien zurück. Früh verliert sie ihre Mutter und letztendlich auch die Liebe ihres Vaters, denn dieser wird nach einer Neuheirat zu einem grausamen Despoten. Er demütigt und schlägt das Kind.
Giovanna behält sich ein paar Fluchtinseln, sind das zunächst ihr Hund Graffiato, ihr Freund Omero und die Natur, die das Elternhaus umgibt. Auch Don Bruno, der Dorfpriester, bietet der Kinderseele Halt, obwohl Giovanna von Anfang an Gott skeptisch gegenübersteht. Gott lässt zu, dass Lämmer geschlachtet werden und Mädchen ihre Mama verlieren, also kann er nicht gut sein. 
Am glücklichsten ist Giovanna, wenn sie liest. Sie liebt Homer und Vergil und zieht viel Kraft aus den Schriften. 
Als sie zur Mittelschule kommt, erfährt sie, dass sie gar nicht das Kind ihrer Eltern ist, sondern aus einem "Heim für Niemandskinder" stammt und nur adoptiert worden ist. Verzweifelt fährt sie nach Mailand, um ihre richtige Mutter zu suchen ...

Sie schreibt Gedichte, die auch veröffentlicht werden und arbeitet schließlich als Korrektorin. Immer wieder zurückgeworfen gibt sie trotzdem nicht auf. 
"Ich schaffe es, weil ich daran glaube", ist ihr Lieblingssatz. 
Posse, quia posse videor. Vergil.


... ein Zitat

"Du hast dich vor mich hingehockt und mir die Hände auf die Schultern gelegt. Dann sagtest du leise: "Ich habe dich früher abgeholt, weil Mama gestorben ist. Sieh mich an." Ich sah dich an, und mein Blick versank in deinem. Seitdem habe ich ihn, glaube ich, nicht mehr wiedergefunden."

... was mich bewegt hat

Einen Kloß im Hals hatte ich, als Giovanna meint, sie könne ihre tote Mutter mit einem Kuss auf die kalten Lippen zurückholen .... und als sie Graffiato verliert, ihren kleinen Hundefreund.
Giovannas Kinderseele erfährt Schlimmes und das hat mich ungemein berührt. Aber ihr Wille, sich den Sinn für das Schöne zu bewahren (in der Natur und der Literatur) macht dieses Buch zu einem kleinen Schatz. Wirklich sehr bewegend.


... die Sprache

Sehr schöne poetische Sprache. Zunächst etwas naiv gehalten, reifer dann, als Giovanna zu einer jungen Frau heranwächst.
Eine Sprache, die von Schrecklichem erzählen kann, und dabei ausgesprochen zart im Ausdruck bleibt.

... ein Fazit

Dieses Buch bekommt einen Platz ganz weit oben auf meiner Büchererinnerungsliste. Eine wirkliche Empfehlung!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen