Sonntag, 21. Januar 2018

"Wem erzähle ich das?" von Ali Smith


"Dass jemand dich so gut kennt, 
ist ein unvorstellbares Geschenk."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Eine große Liebe steckt zwischen diesen Buchdeckeln. Zwei Frauen nahmen sich eine gemeinsame Wohnung und gaben sich "das größte Versprechen überhaupt": Sie führten ihre Bücher in einer Bibliothek zusammen ...
So in etwa beginnt dieses Buch und fesselt mich auf der Stelle.
Das gemeinsame Leben endet schon nach etwa einem Jahr, da die Geliebte stirbt. Zurück bleibt die stark trauernde Icherzählerin. Sie, die im ersten Trauerjahr kein Buch in die Hand nehmen konnte (zu schmerzlich waren die Erinnerungen), zieht aus dem Regal "Oliver Twist" und fängt im Lesesessel der verstorbenen Freundin an, darin zu lesen.
Sie sucht den Dialog mit der Geliebten (die immer wieder als eine Art Geist in der gemeinsamen Wohnung auftaucht) und sucht Zuflucht in diesen Zwiegesprächen, sowie in Reflektionen über Literatur, Kunst, Musik und Film und den hohen Wert derselben für unser Leben. Philosophische Ausführungen beleuchten den Halt, den wir durch die Literatur erfahren, geborgen in Form, Rhythmus und Melodie eines Textes, sobald das Geschriebene für uns "zur Wohnstatt" wird.
Ali Smith lässt viele Zitate einfließen und ich merke, wie sehr sie in literarischen Texten zu Hause ist.
Die Autorin hat als Literaturdozentin gearbeitet und eine Reihe von Vorlesungen schenken den Kapiteln in diesem Buch ihre Überschriften, seien da zum Beispiel "Zeit" und "Angebot und Widerspiegelung".
Eine Liebeserklärung an die Freundin, sowie an Kunst und Literatur.

... ein Zitat

"Wir kämen nicht auf die Idee, dass wir ein Musikstück bereits beim ersten Hören verstehen, glauben bei einem Buch aber nur zu gern, wir hätten es gelesen, wenn wir einmal damit durch sind. In puncto Nachhall haben Bücher und Musik mehr gemeinsam als die für die unmittelbare Gegenwart geltende Entsprechung von gehörtem Ton und gelesenem Wort. Bücher brauchen Zeit, um sich uns nach und nach zu erschließen ...
Große Bücher sind anpassungsfähig; sie verändern sich mit uns, wenn sich unser Leben verändert, sie erneuern sich, wenn wir andere werden und sie zu verschiedenen Zeiten unseres Lebens noch einmal lesen."

... was mich bewegt hat

Das Mutmachende. Stets bleibt die Liebe und immer können wir Trost in Zeilen, Versen und Bildern finden.

... die Sprache

Anspruchsvoll und poetisch.

... ein Fazit

Keine Empfehlung für jedermann. Man muss sich einlassen können auf einen Roman, der sich was erarbeiten möchte: Wie lebe und lese ich, um mich zu stärken gegen Unheil und Leid.





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