Dienstag, 16. Februar 2016

"Weiter als der Himmel" von Pippa Goldschmidt


"Familien, denkt sie, sind wie schwarze Löcher. Man kann ihnen nicht entkommen."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Jeanette hat nach ihrem Studium der Astrophysik das große Glück, eine der sehr begehrten Dozentenstellen zu bekommen. Damit schafft sie endgültig den Sprung weg von Zuhause, einem Elternhaus, das für sie einem "außerirdischen Vakuum" gleicht. Ihre Eltern leben in sich gekehrt, sind teilnahmslos und schweigsam. Selbst bei gemeinsamen Mahlzeiten kommt es nicht zum Gespräch. Der Vater sucht außereheliches Glück und die Mutter schaut nur Fernsehen und "wartet darauf, dass man ihr die Zukunft bringt, weil die Gegenwart so unerträglich ist." Das Unglück erfasste die Familie damals wie ein Urknall: Jeanettes Schwester ertrinkt beim Training im Schwimmbad ...

Jeanette, die als Wissenschaftlerin alles rational erklären kann, stößt hier an ihre persönliche Grenze. Kates Tod kann sie nicht ableiten, nicht analysieren und nicht in einem Paper beschreiben.
Sie flüchtet beruflich in ihre Himmelsbeobachtungen, beschäftigt sich zum Beispiel mit Voids, sogenannten "Leerstellen" im Universum, die weder Licht noch Materie aufweisen.
Zur selben Zeit leidet Jeanette persönlich unter einer weiteren Leerstelle: Paula, mit der sie eine leidenschaftliche lesbische Liebe verbindet, verlässt sie.

Jeanette räumt in ihrem Leben auf, setzt sich mit ihren Eltern auseinander und mit Kates Tod und lernt, auch Unwägbarkeiten in ihrem Leben zu akzeptieren. Es lässt sich nicht alles berechnen. "In einer unsicheren Zukunft liegt auch eine Chance." Es ist die Astrophysik, die ihr letztendlich den Weg weist. "Nur vier Prozent des Universums sind sichtbare Materie", der Rest liegt im Dunkeln. Jeanette begibt sich auf eine neue Umlaufbahn, stellt sich dem, was kommen mag.

Pippa Goldschmidt ist Astronomin und es gelingt ihr, in diesem Roman Zweierlei in Bezug zu setzen: die wissenschaftliche Suche nach Materie im Universum und die persönliche Suche nach Glück im Weltraum des Lebens. Sie projiziert das eine ins andere und das macht sie gut.
Sprachlich hantiert sie dabei leider etwas sperrig und knapp.

... ein Zitat

"Es ist ein strahlender Tag, die Ginsterbüsche auf dem Hügel verbreiten Mandelduft. Das Observatorium erhebt sich über der steilen Grasböschung. All das ist so wie ein normaler Tag. Sie kann die Vögel über ihr hören. Sie kann ihre Kollegen und die Studenten in der Ferne sehen, aber sie nähert sich ihnen nicht. Seit der Konferenz in der letzten Woche sind Menschen für sie problematisch. Stille liegt schwer auf ihrer Zunge. Sie weiß nicht, wann sie das letzte Mal gesprochen hat."

... das bewegte Herz

Das bedrückende Zuhause, das Schweigen und Aussitzen. Das Ausbleiben von Liebe und daraus resultierend Jeanettes Beziehungsunfähigkeit.

... die Sprache

Ein paar schöne Sequenzen machten mit Freude, aber unterm Strich ist es eine sachlich kühle Sprache, die mich nicht recht zu begeistern vermag. Kurze Sätze, die aneinandergereiht wirken



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