Freitag, 11. Dezember 2015


Das Herz ist auch in diesem Roman nur ein einsamer Jäger ...

"Spiegelbild im goldnen Auge" von Carson McCullers



"Unser Geist gleicht einem verschlungenen Gewebe, seine Färbung ist durch unsere Sinneserfahrungen geprägt ..."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Eine neu erbaute Garnison in den Südstaaten ruht in spröder Abgeschiedenheit und denkbar landschaftlich schön, doch das scheint niemand wirklich wahrzunehmen. Die zusammengewürfelte Gemeinschaft amerikanischer Soldaten und Offiziere denkt und fühlt nur bis zur Fortgrenze. Während die Soldaten, unter ihnen L.G. Williams, in den Kasernen wohnen, führen die Offiziere und Majore ein opulentes Leben in eigenen Häusern. Letztere treffen sich abends zum Kartenspielen, geben Partys und sollten die Glücklicheren vor Ort sein. Aber Langeweile und Neurosen haben Einzug gehalten. So auch bei Hauptmann Penderton, seiner Frau Leonora und den Nachbarn Major Langdon und Frau Alison. Vorherrschend die Gefühle von Einsamkeit, Schwermut und Verstörtheit. Ein Kaleidoskop skurriler Protagonisten, die -von Carson McCullers wunderbar erschaffen- den Leser in den Bann ziehen. Ganz still und behutsam nimmt eine Tragödie ihren Lauf, von der der Leser schon sehr bald weiß, dass sie nicht aufzuhalten ist. Ich war in gespannter Erwartung, habe aber trotzdem langsam und genussvoll gelesen, denn es wurden Szenen lebendig, in denen ich hätte verharren wollen. Atmosphärische Dichte, groteske Not, verlorene Menschen. Das alles hat mich eingefangen und nur schwer wieder los gelassen. 
Das Spiegelbild als Metapher dafür, sich selbst zu finden und zu erfahren! Grandios.

... das bewegte Herz

Die Protagonisten mit ihren Nöten. Und die schönen Szenen zu Pferd. Sie bewegen, weil die Reiter mit allen Sinnen dabei sind. 

... ein Zitat

"Im Leben eines Mannes gibt es Zeiten, in denen er jemanden braucht, den er lieben, auf den er seine nervösen Empfindungen richten kann. Und es gibt Zeiten, da sein Ärger, seine Enttäuschungen und Lebensängste in Hass münden müssen. Und es gab niemanden, den der unglückliche Hauptmann hassen konnte, und so befand er sich seit einigen Monaten in der kläglichsten Verfassung."

... die Sprache

Elegant, von zartem schönen Vokabular. Selbst Gewalt wird gefällig geschildert. 
Emotional intelligent.





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