Samstag, 3. Oktober 2015

"Das letzte Land" von Svenja Leiber


                        "Unserem Land leuchtet schon längst nichts mehr."

Es bleibt in Erinnerung ...

... die Story

Ruven Preuk wächst in einer Stellmacherfamilie auf. Er entwickelt sich sonderbar, mag auf dem Hof nicht mit anpacken, sondern begibt sich lieber in die Natur und "zählt den Takt, den das Licht und die Pappeln ihm schlagen". Er ist hochmusikalisch und damit seinem bodenständigen Vater eher fremd. Dieser versucht ihm gar, die Musik aus dem Leib zu prügeln. Bis er nachgibt und dem Jungen erlaubt, eine Geige zu besitzen und Unterricht zu nehmen. Das, was nun als großes Glück beginnt, zerrinnt in den Tiefen des Krieges.
Svenja Leiber spannt diesen Roman über sechs Jahrzehnte auf. Am Ende hat Ruven nicht das erreicht, was das Leben ihm vielleicht versprochen hat. Die Frau seines Herzens wird nicht seine und andere Frauen scheiden wieder aus seinem Leben. Auch kommt ihm die Musik abhanden.
Später geigt er nur, "um nicht ganz zu verschwinden" und "ohne inneren Klang".
Es ist die Unbarmherzigkeit des Lebens und des Krieges, die ihn beugt, seine vergebliche Anstrengung, in der Liebe und der Leidenschaft zuhause zu sein. Der Ton des Buches ist sehr melancholisch, aber ich muss es doch empfehlen, denn es rührt und packt den Leser. Am Ende lacht kein Happy End, aber in seiner Tochter Marie wohnt etwas Glück, nicht hell und funkelnd, aber es verspricht Dauer. 

... das bewegte Herz

Es liegt in der Person des Ruvens, in der Abwärtsspirale seiner Leidenschaft für die Musikalität des Lebens. Seine Begabung verklingt, verstummt im Schmerz.
Und die Sprache bewegt, rührt mit ihrer Wucht und der Stärke ihrer Bilder.

... ein Zitat

"Ist ihm langsam ganz fern, dieser Junge. Kommt weder nach ihm noch nach der Mutter, und kam doch aber mal nach ihnen beiden. Er hatte die Formen von ihm und die Farben von ihr. Jetzt sieht es so aus, als habe er vor, einer zu werden, den man nicht kennt ... "Die Bienen, die erkennen sich am Geruch", sagt Nils. "Wenn eine heimkommt, die anders riecht, jagt man sie fort."

... die Sprache

Sie ist rau und drastisch, aber sie vermag Bilder zu malen, die großartig sind. Manchmal knapp und kurz, dann aber wieder getragen von einer Poesie und Metapherintensität, die mich als Leserin sehr für das Buch geöffnet hat.


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