Freitag, 12. Dezember 2014

"Der Distelfink" von Donna Tartt

"Wir können dem, was wir sind, nicht entrinnen."



Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Es ist die Geschichte des Icherzählers Theodore Decker, der ohne Reisepass in einem Amsterdamer Hotel haust und vorerst nicht weiter weiß... So beginnt dieser seitenstarke Roman. Im Rückblick erfährt der Leser Theodors Geschichte, beginnend im Metropolitan Museum, das Theo dreizehnjährig mit seiner Mutter besucht und in dem letztere bei einem Bombenattentat ums Leben kommt. Aus den Trümmern birgt Theo den Distelfinken, das berühmte Gemälde von Fabritius. Diese Geschehnisse stellen sein Leben auf den Kopf. Zunächst wird er von der Familie eines Schulfreundes aufgenommen, später holt sein Vater ihn nach Las Vegas. Nach dem Tod des Vaters geht Theo zurück nach New York. Stets führt er gut versteckt den Distelfinken mit sich. In New York arbeitet Theo als Antiqitätenhändler, dient auch unlauteren Geschäften und bekommt sich und sein Leben oft nicht ohne Drogenkonsum in den Griff.
In Amsterdam kommt es nach fast tausend Seiten zu einem finalen Showdown im Verbrechermilieu. Für mich knickt das Buch an dieser Stelle etwas ein, aber Donna Tartt führt ihre Erzählung insofern wieder ans Licht, da sie Theo in dem Hotel innehalten und sein Leben im Rückblick betrachten lässt. Es ist überhaupt die Stärke der Autorin, alle Handlungen in einen großen philosophischen Rahmen zu spannen. Das Leben ist ihr eigentliches Thema, was macht die Zeit mit uns, was haben wir selber in der Hand? Es geht um Verlust, Obsession, Schicksal, die Kraft der Freundschaft, den Schmerz der Täuschung und um die Kunst als Angelpunkt.

... das bewegte Herz

Der Verlust der Mutter und seine sich anschließende Heimatlosigkeit. Wie Theo sich an Menschen heftet, die ihn erden können, allen voran Pippa, Hobie und Boris. Seine Suche nach Halt, Sinn und Liebe.

... ein Zitat

"Um die Welt überhaupt zu verstehen, konnte man sich manchmal nur auf einen winzigen Ausschnitt davon fokussieren und sehr angestrengt betrachten, was in der Nähe war, um es dann für das Ganze zu nehmen. Aber seit das Bild mir unter den Händen verschwunden war, fühlte ich mich wie ertrunken, ausgelöscht von der Unendlichkeit - nicht nur der erwartbaren Unendlichkeit von Zeit und Raum, sondern auch den unüberbrückbaren Distanzen zwischen zwei Menschen, die auf Armlänge voneinander entfernt waren ...
... und mein Bild war fortgerissen von dieser machtvollen Strömung und trieb irgendwo da draußen umher: ein winziges Fragment des Geistes, ein matter Funke, dümpelnd auf einem dunklen Meer."

... die Sprache

Von selten reichem Wortschatz, von schier unermüdlicher Lust zu erzählen.


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