Sonntag, 21. September 2014

"Wir haben Raketen geangelt" von Karen Köhler




Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Karen Köhler erzählt in neun Kurzgeschichten von Menschen, die mit dem Scheitern oder dem Tod konfrontiert sind. Kaputte Seelen, Krebserkrankungen, gestrauchelte Liebe. Ihre Figuren verzehren sich nach Veränderung, versuchen auszubrechen auf der Suche nach einem Strohhalm, der sie hält. Manchmal ist die Trostlosigkeit nicht auszuhalten. Und doch gelingt es Karen Köhler, der Schwermut ein paar Flügel zu verleihen. Manchmal schwingt Hoffnung mit, da, wo eigentlich keine mehr ist. Das gelingt ihr stilistisch und mit Hilfe einer außergewöhnlichen Sprache, die mit schnoddriger Aufmüpfigkeit daherkommt.

... das bewegte Herz

Diese Figuren in ihren fast ausweglosen Ausnahmesitationen bewegen. Es scheint, Karen Köhler leiht ihnen Stimme und Wortglut, damit diese Menschen sich ausdrücken können. Alle erzählen in der Ichform, schreiben Briefe, Postkarten oder Tagebuch. Man ist ganz nah an ihnen dran.

... ein Zitat

"Du schaust mich für einen winzigen Moment mit einer Abschätzigkeit an, die mir bedeutet, dass du nicht glauben kannst, dass ich aus deinem genetischen Material geformt sein soll, dass du eine bessere Tochter verdient hättest als diesen kranken krummen Klumpen, der da vor dir an einer Cola nuckelt.
Als mir das erste Büschel in der Bürste hängen blieb, habe ich nicht lange gefackelt. Jetzt sind sie raspelkurz. Die Spitzen hätten sowieso mal ab gemusst."


... die Sprache

Sie hat einen ganz rauen spritzigen Charme. Paart Ruppigkeit mit Poesie. Melancholisch und doch frisch.


Gestern: mit Skepsis halte ich das Buch in der Hand. Im Vorfeld viel Lobhudelei und ich mag den Titel nicht.
Heute: glücklich, es gelesen zu haben. Ein großartiges Buch!



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