Sonntag, 7. September 2014

"Transatlantik" von Colum McCann



Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Der irisch-amerikanische Autor rankt eine Familiengeschichte um drei historische Ereignisse: den ersten Nonstop-Transatlantikflug von Arthur Brown und Jack Alcock 1919, die Reise des ehemaligen Sklaven und inzwischen gefeierten Schriftstellers Frederick Douglass 1845 nach Dublin, um dort Reden gegen die Sklaverei zu schwingen, und 1998 der Flug von US-Senator George Mitchell nach Belfast im Bemühen um den Friedensprozess im Nordirlandkonflikt.
Diese Ereignisse haben die Atlantiküberquerung gemein und sind alle historisch belegt, erzählen also von großen Figuren, die wirklich gelebt haben und Beachtung verdienen.
Die große Zeitspanne, die erfasst wird, lässt es vermuten: die Familiengeschichte spannt sich über vier Generationen. Sie ist gekonnt mit der Historie verwoben und erschließt sich dem Leser nach und nach.
Zu Beginn des Buches ist ein geheimnisvoller Brief erwähnt, der am Ende wieder auftaucht, dessen Kreis sich schließt.
Der Transatlantikflug von Brown und Alcock ist solch eine starke berauschende Episode, dass die nachfolgenden Ereignisse darunter leider etwas verlieren. Doch der Autor wartet mit Protagonisten auf, die faszinieren und deren Charme den Leser bannt. In der letzten Generation der Familiengeschichte sind aber Autor und die Protagonistin ein wenig gequält bemüht, den Kreis bezüglich des Briefes zu schließen.
Mein Fazit ist aber zweifelsohne, dass dieses Buch sehr lesenswert ist und ich es jedem ans Herz legen möchte.

... das bewegte Herz

Am meisten bewegt der Flug der Abenteurer Brown und Alcock.
Aber es sind auch die kleinen Persönlichkeiten in diesem Buch, die mich berührt haben. Die größte Faszination geht von Lily aus, die mit ihrer Familie aus einem See Eisblöcke schneidet und verkauft. Eine Szenerie, die ich immer noch vor Augen habe. Lily ist wunderbar gezeichnet und McCann lässt sie staunenswert kämpfen und ihr Glück suchen.

... ein Zitat

"Es gab etwas, das sie wollte, immer knapp außerhalb ihrer Reichweite, doch nie wusste sie ganz genau, was es sein könnte. Sie sehnte sich nach mehr, nach dem Umblättern einer Seite, dem Ende einer Zeile, der Kraft eines Wortes, dem Bruch in der Struktur ihrer Gewohnheiten. Sie beneidete die junge Woolf. Wie präzise, wie vielversprechend diese Engländerin war. Die Vielzahl ihrer Stimmen. Die Fähigkeit, in mehreren Körpern zu leben. Vielleicht war das der Grund für diese Reise: dass sie die Routine abschütteln, etwas mehr Herzklopfen in ihre Tage bringen wollte."

... die Sprache

Bemerkenswert. Colum McCann ist einer der Autoren, der auch kurze, von der Struktur her eher nicht melodische Sätze, zum Klingen bringen kann. Knapp und doch dicht, als würde alles an Gefühl komprimiert.

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