Sonntag, 10. August 2014

"Middlesex" von Jeffrey Eugenides





Es bleibt in Erinnerung ...


... die Story

Über drei Generationen hinweg wird die Geschichte der Familie Stephanides erzählt. Ihre Anfänge liegen in Griechenland, es folgt die Auswanderung in die Türkei und schließlich die Flucht nach Amerika. Geschichtliches ist interessant eingebettet, im Mittelpunkt stehen aber die Menschen, vorne an Cal, der Icherzähler, der diesem Buch seinen ganzen Charme schenkt. Er erhebt sich über die drei Generationen als genialer Beobachter und macht nicht nur sich selber zu einem ungemein starken Charakter, sondern jeden einzelnen, der hier seine Rolle innehat. Es ist ein bisschen gottgleich, wie als würden die Familienmitglieder an Fäden eines Puppenspielers geführt, um schließlich Cals eigentliche Geschichte ins Zentrum der Bühne zu rücken.
Cal fühlt sich nicht wohl in seiner geschlechtlichen Identität und der Leser erfährt nach und nach, was sich in der Generationenfolge zugetragen hat. Ein Gen geht auf Reisen ... Manchmal dünkt es einen etwas befremdlich und bizarr und doch ist es so erzählt, dass der Leser nickt und denkt, so kann es gewesen sein. Cal ist nicht normal, aber was heißt das? Was macht uns zu Mann oder Frau? Was ist angeboren und was ist uns anerzogen? Das wird vortrefflich in diesem Roman vorgeführt. Die Peinlichkeit des Themas Inzest und Intersexualität bleibt aus, einfach weil dieser Roman so vortrefflich geschrieben ist. 

... das bewegte Herz

Jeder Charakter in diesem Buch rührt, seien es die Großeltern Eleutherios und Desdemona, die Eltern Milton und  Tessie oder Cal selber. Man möchte bei den Persönlichkeiten verharren, man saugt sie ein. Man liebt sie.

... ein Zitat

"Von frühester Kindheit an wussten sie, wie wenig Wert die Welt auf Bücher legte, und verschwendeten daher auch nicht ihre Zeit damit. Wohingegen ich selbst jetzt noch hartnäckig glaube, dass diese schwarzen Zeichen auf weißem Papier von größter Bedeutung sind, ja dass ich, wenn ich weiterschreibe, den Regenbogen des Bewusstseins in einem Glas einfangen könnte ...
Wenn diese Geschichte nur für mich selbst geschrieben wird, auch gut. Aber so fühlt es sich nicht an. Leser, ich spüre dich."

... die Sprache

Sprachlich meisterhaft. Eugenides Schreibstil ist unvergleichlich. Man wird nicht müde ihm zu lauschen, man wird belohnt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen